Sometimes it snows in April – RUMS # 17/2016

28. April 2016 7 Von Arlette
Es war einer dieser Momente, die aus der Zeit fallen und für immer im Gedächtnis bleiben werden. Donnerstag, 21.04.16, kurz nach halb acht. Drei Kinder, die in unterschiedlichen Tonlagen auf mich einningeln/-zetern/-kreischen, und die heulende Mini im Tuch auf dem Rücken. Meine Nerven angespannt wie Gitarrensaiten kurz vor dem Riss. Der normale Wahnsinn beim ins-Bett-bringen, könnte man auch sagen.
Und dann kam mein Mann ins Kinderzimmer, und sagte “Prince ist tot. Kam eben im Radio”. Schlagartige Stille, erstaunlich, woher wissen Kinder immer, wann sie wirklich aufhören müssen? 
Vielleicht war es der Blick in mein Gesicht und der Tonfall ihres Papas.
Prince ist tot. Gestorben mit 57, nur sieben Jahre älter, als der Vater meiner Kinder. Und genauso alt, wie mein Vater war, als der 2008 mit einem geplatzten Aneurysma aus seinem bisherigen Leben fiel. Meine erste ganz große (Musik)liebe. Ich bin immernoch traurig, sehr sogar.



Meinen Eltern verdanke ich eine Kindheit mit wirklich, wirklich toller Musik, ich finde meine dahingehende Sozialisation echt über jeden Zweifel erhaben (Prince, Rolling Stones, Supertramp, David Bowie, Roxy Music, Grace Jones, Dire Straits, um nur mal ein paar aufzuzählen, die mir spontan einfallen). Meine erste selbstgekaufte Platte war “Tattoo you” von den Stones, mein erstes selbstgewähltes Konzert das kleine, große Genie aus Minneapolis. 27.08.1988, Frankfurt, Waldstadion. Ich war noch nicht ganz 13 Jahre alt. Und spätestens nach dem Konzert einfach rettungslos verschossen in diesen Derwisch mit den unfassbar schönen Augen. Heiraten wollte ich den kleinen Mann, damals war ich selber noch keine 1,50 m und die Trauer groß, als ich irgendwann doch größer wurde, als 1,60 m.

For you, Dirty Mind, Controversy, Prince, 1999, Purple Rain, Around the world in a day, Parade, Sign o’the times, Lovesexy, Batman, Graffiti Bridge, dann wieder das Black Album – diese Musik gehört so untrennbar zu meiner Kindheit und Jugend dazu, wie nur wenig andere. So ungefähr ab Diamonds & Pearls habe ich ihn ein wenig aus den Augen verloren, ich fand die Musik abwechselnd beliebig oder versponnen, aber nicht mehr princig genug. Mag auch an dern Streitereien mit der Plattenfirma gelegen haben; wer nur seinen Vertrag erfüllen will, dessen Rahmenbedingungen ihm schon lange nicht mehr passen, der liefert halt Mittelmaß, auch wenn er es so viel besser kann. Wie er ja zuletzt auch wieder bewiesen hat. Von den ungezählt wunderschönen Songs, die er für andere geschrieben hat, sei exemplarisch das zwar echt bis zum erbrechen gehörte, nichtsdestotrotz einfach wunderschöne “Nothing compares 2u” genannt. Was für ein fantastischer Musiker.
Prince ist tot. 1,58m pures Musikgenie, Multiinstrumentalist, die schönsten braunen Augen, die ich je gesehen hab an einem Mann. Was für ein Verlust. Überflüssig, zu erwähnen wessen Musik hier seit letzter Woche viel läuft? (Besten Dank auch an radioeins, die Sondersendung am Freitagmorgen war ganz großes Kino für die Ohren). Ich fühle mich dem passenden Alter für Fanshirts eigentlich entwachsen, aber hier muß eine Ausnahme her.  Um dem Anlass die Ehre zu geben, habe ich sogar GLITZERfolie gekauft. Hier glitzert es nie, wirklich nie. Heute schon. Nicht purple, nicht peach. Aber glitter auf schwarz. Ein echter HerzensRUMS.
 
Fanö von Schnittreif. Ohne Passe, ohne Raffung, zehn Zentimeter verlängert, Ärmel vier Zentimeter verlängert. Glitzerfolie von der Plottermarie, schwarzer Jersey von Kekero.
Diesmal stört mich nichtmal, dass da Falten über der Brust sind. Das kann ich hinzuppeln, ich weiß, dass der Schnitt sitzt.
Ich glaube nicht an Gott. Sollte es ihn aber doch geben, finde ich, er hat jetzt langsam genug gute Musiker für sein Himmelsorchester geholt. Hier ist ja bald keiner mehr übrig. Aber einer, der das Format von Prince hat, wird eh nur alle paar Jahrhunderte mal geboren.
Mein Onkel jedenfalls hatte offenbar auch genug, der ist am Sonntag hinterher gegangen. Im Himmel ist wohl mehr Rock’n’Roll. Mach’s gut, Klaus. Und danke für alle aberwitzigen Geschichten, die du mir erzählt hast, als ich klein war. Die ich dir geglaubt habe, und die meine Phantasie wohl nicht unwesentlich beeinflusst haben. Du warst der beste Märchenonkel, den sich ein kleines Mädchen wünschen konnte.
Tja, so ist das manchmal mit dem Leben.
Sometimes it snows in April
Sometimes I feel so bad, so bad
Sometimes I wish life was never ending,
and all good things, they say, never last