Freitag, 19.08.2011, 19:15 Uhr
Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige. Schon daran lässt sich ablesen, meine Kinder sind keine Prinzessinnen.
Wie ihre große Schwester auch schon, hat mich die Pippi warten lassen. Errechnet war sie für den 10.08.2011. Schon schlauer, als zwei Jahre zuvor, wo die werdende Oma mit mir zusammen in Hamburg ab eine Woche vor Termin auf die Liese wartete, und wartete, und wartete, um dann bei ET+5, als ich vom Krankenhaus wegen kalkiger Plazenta zur Einleitung aufgenommen wurde, unverrichteter Dinge wieder abzureisen weil ihr Urlaub vorbei war, hatte ich meine Mutter erst für ET+5 nach Berlin gebeten.
Ich hatte mir gedacht, wir hätten dann zumindest eine reelle Chance, dass Oma die Liese betreut, während ich im Kreißsaal bin. Und ihre zweite Enkeltochter direkt kennenlernen kann. Nunja, zumindest das hat auch geklappt…
ET -3…
Die Pippi hatte aber schon immer ihren eigenen, höchst dicken Schädel und dachte nicht im Traum daran, auszuziehen. Nicht bei ET+3, +5, +7… Alle 2 Tage zur CTG-Kontrolle, und immer schön ins Geburtskrankenhaus, weil meine Ärztin im wohlverdienten Sommerurlaub weilte, wurden meine Nerven immer dünner und der letzte Rest meiner eh nicht allzu ausgeprägten Geduld war aufgebraucht.
Schließlich stand dann auch die Einleitung im Raum, für ET+9 spätestens. Am Vortag wollte mich die Ärztin dann noch über das bevorstehende Wochenende hinaus vertrösten, es stünden so viele geplante Kaiserschnitte an, alle Kreißsäle seien voll, dem Baby gehe es gut… nur mir nicht mehr, kein bißchen, und ich habe die Ärztin so deutlich in den Senkel gestellt, dass es meiner Mutter ziemlich unangenehm war. Hormongeschüttelt, am Ende meiner Kräfte und mit einer diffusen Sorge, dass es dem Kind im Bauch doch nicht mehr so richtig gutgeht, hat meine Intuition ganz laut gesagt “raus mit ihr, kein Wochenende mehr warten”.
Glücklicherweise hatte die Pippi ein Einsehen mit mir und hat sich noch am selben Abend in Bewegung gesetzt. Die Ärztin und ihr Gerede von den vollen Kreisälen im Ohr, habe ich so lange zuhause gewartet, bis die Wehen regelmäßig alle 8 Minuten waren.
Und mich dann vom Mann unter lautem Gefluche und Gezeter über die Schmerzen ins Krankenhaus bringen lassen, ging nachts über die Autobahn glücklicherweise schnell.
Im Kreißsaal angelangt, beglückwünschte mich die Hebamme: “das ist kein Fehlalarm. Sie sind bei 5-6cm, das Kind kommt in den nächsten paar Stunden”.
Ja. Nunja. Wäre bei anderen Kindern vielleicht so gewesen. Aber die Pippi hatte immerschon ihre eigenen Ideen.

Um halb zwölf war der Muttermund vollständig eröffnet. Die Frühdiensthebamme freute sich: “die kommt noch in meiner Schicht”. Als sie um 14.00 Uhr ging, wünschte sie mir viel Kraft, es könne nicht mehr lange dauern. Nach einer Ausruhphase von etwa eineinhalb Stunden kamen die Preßwehen. Rote Haare habe das Kind, stellte der Gatte fest. Wie wir das wohl geschafft hätten?
Um halb sieben gab der Oberarzt auf. “Das wird nix mehr, Frau Paula. Das Kind dreht sich wie ein Korken in der Flasche, die kriegen wir nicht raus so. Wir sollten schneiden”.
Was dann folgte, möchte ich bis heute lieber vergessen, und schaffe es nicht. Um 19:15 Uhr war sie jedenfalls da, meine zweite Tochter, neun Tage nach Termin, mit 55cm Körperlänge, 4250g Gewicht und 37,5 cm Kopfumfang. Um 21:00 Uhr waren wir dann endlich, endlich beide auf der Wochenstation und seither ist die Pippi eine Herausforderung. Jeden einzelnen Tag.
Ich liebe meine kleine Große. Sie hat mir den Kopf gründlich zurechtgerückt, und mich demütig werden lassen, was meine Fähigkeiten und meinen Einfluß als Mutter angeht. War die Liese ein eher pflegeleichtes Einsteigerbaby, eine Reklame fürs Kinderkriegen und eine echte Sonne, so war ihre kleine Schwester spätestens ab dem Tag ihrer Geburt ein Dickschädel erster Güte. Was hat sie mich und uns an unsere Grenzen gebracht, und tut es immernoch. Sie ist das autonomste unserer Kinder, unbestechlich, manchmal erschreckend schlau für ihre grade frischen 5 Jahre und ein echtes Rauhbein mit einem Herz aus Gold. Passt ihr etwas nicht in den Kram, wird das Umfeld meist lautstark darüber informiert. Für’s Nettsein dürfen gerne andere zuständig sein.
Und auch, wenn immer wieder behauptet wird, Kinder unter zehn Jahren verstünden weder Sarkasmus, noch Ironie – ich bin ganz sicher, dieses Kind beherrscht beides. Anders kann ich mir nicht erklären, dass sie, wenn sie etwas machen soll, worauf sie gar keine Lust hat, wovon sie aber weiß, sie kommt nicht drumherum, freundlich lächelnd sagt, “ja, MUTTI”, wohlwissend, ich hasse es wie die Pest, Mutti genannt zu werden.
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Pippi Langstrumpf. Wie gut, dass du dabei bist in der Bande ♥
Ach herrlich!!! Abgesehen von der Geburt könnten sich Deine Pippi und mein Großer gut verstehen (oder vielleicht auch überhaupt nicht?)
Alles Liebe für Dein Rauhbein 🙂
Liebe Grüße
Immer wieder stelle ich fest, dass mich deine Texte fesseln…tolle Geschichte, tolles Kind und eine tolle Mama…Glückwunsch an euch beide!
Liebe Grüße,
Lee
ach wie wunderbar! Alles Liebe!
herzliche Grüße aus Dresden
anja
auch bei dieser pippi-geschichte habe ich pipi in den augen…
so eine "pippi" habe ich auch zu hause, auch die zweite, inzwischen zehn jahre alt, mir unglaublich ähnlich, ich liebe sie unendlich, aber sie ist auch ein grund, warum ich mir das weitere kinderkriegen abgewöhnt habe ;)))))))
alles liebe deiner pippi, dir und dem rest der bande!
liebe grüße von der ostsee
marion